Aufgrund einiger Nachfragen oder Irritationen im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, möchten wir hierzu einen kleinen Überblick geben.

Nach seit Jahren herrschender Rechtsprechung kommt einer ordnungsgemäß erlangten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein sehr hoher Beweiswert zu. Dies wurde von der Überzeugung getragen, dass der Arzt oder die Ärztin aufgrund des (langjährigen) persönlichen Kontakts zur Patientin bzw. zum Patienten die Auswirkungen der Krankheit auf die Arbeitsfähigkeit am besten einschätzen kann. Allerdings hatte das Bundesarbeitsgericht bereits 1976 entschieden, dass der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeit erschüttert sein kann, wenn die Krankschreibung ohne persönlichen Kontakt erfolgt ist. Auch nach Anpassung der AU-Richtlinie und der Möglichkeit der Erstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei bestimmten Krankheiten für drei Tage (bei unbekannten Patienten/Patientinnen) bzw. für sieben Tage (bei bekannten Patienten/Patientinnen) aufgrund einer Videosprechstunde ist dies noch aktuell.

Die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit allein durch die Nutzung einer Website oder App (durch das Anwählen vorgefertigter Antworten) ohne direkten Arzt-Patientenkontakt ist nicht zulässig. Es ist zumindest ein Kontakt per (Mobil-)Telefon (als befristete Ausnahme bis 31.05.2022) oder per Videosprechstunde erforderlich. Eine ohne zumindest diesen Arztkontakt erlangte Arbeitsunfähigkeit ist mit der AU-Richtlinie nicht zu vereinbaren; ihr kommt zudem kein Beweiswert zu (Urteil des Arbeitsgerichtes Berlin vom 01.04.2021 – 42 Ca 16289/20). Hierzu finden Sie weitere Informationen auch im AG-Informationsportal unter: https://www.informationsportal.de/krankmeldung-vor-gericht-neue-gerichtsurteile-zur-arbeitsunfaehigkeit/

Zwar lässt sich einer Bescheinigung nicht unbedingt entnehmen, ob diese nach einer persönlichen Untersuchung oder lediglich aufgrund einer telemedizinischen Untersuchung ausgestellt wurde. Aufmerksam sein sollte man aber, wenn der ausstellende Arzt oder die Ärztin viele Kilometer weit vom Wohn- oder Aufenthaltsort des betroffenen Arbeitnehmers entfernt sitzt, es sich um offenkundig eingescannte Unterschriften/Stempel handelt oder auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung „Privatarzt“ vermerkt ist.

In diesem Zusammenhang wird auf die Hinweise einiger Ärztekammern verwiesen, die über nicht existierende Ärzte informieren.

Ärztekammer Berlin:

https://www.aekb.de/aktuelles/aktuelle-meldungen/detail/warnung-nicht-bekannte-arztpraxen-auf-arbeitsunfaehigkeitsbescheinigungen

Ärztekammer Nordrhein:

https://www.aekno.de/presse/nachrichten/nachricht/warnung-unbekannter-arzt-auf-arbeitsunfaehigkeitsbescheinigungen

Ärztekammer Hessen:

https://www.laekh.de/aktuelles/detail/cave-arbeitsunfaehigkeitsbescheinigungen-durch-nicht-existente-arztpraxis

Ärztekammer Sachsen:

https://www.slaek.de/de/04/pressemitteilungen/2022/warnung-unbekannter-arzt-auf-arbeitsunfaehigkeitsbescheinigungen.php

Landesärztekammer Baden-Württemberg:

https://www.aerztekammer-bw.de/news/2022/2022-06/falsche-AU/index.html

 

 

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