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Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – Gesetz belastet Beitragszahlende durch die Kosten des Transformationsfonds in Milliardenhöhe

Sehr geehrte Damen und Herren,

Eine Reform der stationären Versorgungsstrukturen in Deutschland ist dringend geboten. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Bedarfsgerechtigkeit der vorgehaltenen Strukturen und die Qualität der erbrachten Versorgungsleistungen als auch hinsichtlich der langfristigen Finanzierbarkeit des Krankenhaussektors. Deshalb unterstützen die gesetzlichen Krankenkassen und deren Landesverbände in Rheinland-Pfalz die grundsätzlichen Reformziele der Bundesregierung zur Neuausrichtung der stationären Versorgungsstrukturen, die mit dem von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf für ein Krankenhausversorgungs­verbesserungsgesetz (KHVVG) adressiert werden.

Insbesondere die vorgesehene Einführung von Leistungsgruppen und die dringend erforderliche Koppelung einer leistungsunabhängigen Vorhaltefinanzierung mit stringenten Struktur- und Qualitätsvorgaben hätten das Potenzial, den aktuellen Herausforderungen in der stationären Versorgung in Rheinland-Pfalz effektiv zu begegnen. Um die intendierten Reformziele noch zu erreichen, sehen wir für das Reformvorhaben aber noch erheblichen Weiterentwicklungsbedarf. Das bestätigt auch das von den Landesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen in Rheinland-Pfalz und im Saarland in Auftrag gegebene Gutachten des Institute for Health Care Business (hcb) GmbH, welches seit Juni 2024 vorliegt.

Mit den vorgesehenen Neuregelungen kämen zudem finanzielle Mehrbelastungen in Milliardenhöhe auf die Beitragszahlenden zu. Neben den zeitnahen Anpassungen der Regelungen zur Tarifrefinanzierung und zur Ermittlung des Veränderungswertes wird die Vielzahl an KHVVG-Sondertöpfen im Rahmen der Einführung der Vorhaltepauschalen zu deutlichen Ausgabensteigerungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) führen.

Auch die Änderungen der Abrechnungsprüfung werden ganzjährig Mehrausgaben für die Krankenkassen zur Folge haben. Aus einem Schreiben des GKV-Spitzenverband (GKV-SV) an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geht hervor, dass die Krankenkassen und die Krankenhäuser die Einführung von Stichprobenprüfungen gemeinsam ablehnen und das BMG auffordern, am System der Einzelfallprüfung festzuhalten. Die Krankenkassen und deren Verbände in Rheinland-Pfalz schließen sich der auf Auffassung an, dass Stichprobenprüfungen nicht rechtssicher umsetzbar sind und die konkrete Ausgestaltung voller inhaltlicher, prozessualer und rechtlicher Unwägbarkeiten ist.

Besonders problematisch sehen wir die beabsichtigte Finanzierung des geplanten – und zum Strukturumbau dringend erforderlichen – Transformationsfonds. Denn es ist vorgesehen, dass der Transformationsfonds, der den Strukturwandel der Krankenhauslandschaft in den Jahren 2026 bis 2035 ermöglichen soll, mit insgesamt 50 Mrd. Euro ausgestattet wird und dass die benötigten Mittel zur Hälfte von der gesetzlichen Krankenversicherung mittels der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und damit zu Lasten der Beitragszahlenden, aufgebracht werden. Es ist völlig inakzeptabel, die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenkassen mit einer Rechnung über 25 Mrd. Euro zu beteiligen, damit sie dem Staat den Krankenhausumbau finanzieren. Staatliche Ausgaben müssen vom Staat, sprich über Steuermittel, finanziert werden. Ebenso nicht nachvollziehbar: Eine Beteiligung der privaten Krankenversicherung (PKV) ist überdies überhaupt nicht vorgesehen, was völlig inakzeptabel ist.

Die Regelungen zum Transformationsfonds treffen die gesetzliche Krankenver­sicherung zudem in einer äußerst angespannten Finanzlage. Bereits ohne Berücksichtigung zusätzlicher Ausgabenrisiken, die mit laufenden Gesetzgebungs­vorhaben einhergehen, droht den Beitragszahlenden spätestens zum Jahreswechsel 2024/2025 eine Beitragssatzanhebung von durchschnittlich 0,5 bis 0,6 Prozentpunkten. In Anbetracht dieser kritischen Finanzsituation besteht kein Spielraum für eine zusätzliche Belastung der Beitragszahlenden in einer Größen­ordnung von jährlich 2,5 Mrd. Euro ab dem Jahr 2026. Dies gilt dezidiert auch unter Berücksichtigung der im Gesetzentwurf vom Bundesministerium für Gesundheit dargelegten, perspektivisch erwarteten reforminduzierten Minderausgaben. Denn die hier unterstellten und nicht substantiiert begründeten Entlastungswirkungen sind aus Sicht der gesetzlichen Krankenkassen in Rheinland-Pfalz in keiner Weise nachvollziehbar und nicht belegbar gegenfinanziert.

Daneben bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der beabsichtigten Ko-Finanzierung des Transformationsfonds durch Sozialversicherungsbeiträge. Ein rechtswissenschaftliches Gutachten von Frau Prof. Dr. Dagmar Felix, Universität Hamburg und Mitglied der Regierungskommission des Bundesministeriums für Gesundheit, im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen kommt zu dem zentralen Ergebnis, dass es sich bei der Transformation der Krankenhausversorgung um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, deren Umsetzung keinen hinreichenden Bezug zur Sozialversicherung aufweist. Denn eine leistungsfähige Krankenhausstruktur sei nicht allein für die Sozialversicherten, sondern für alle Menschen im Land von maßgeblicher Bedeutung. Somit sei es dem Gesetzgeber verwehrt, solche strukturverbessernden Maßnahmen aus Sozialversicherungsbeiträgen zu finanzieren. Sie seien vielmehr grundsätzlich aus Steuern und damit aus dem allgemeinen Staatshaushalt zu bestreiten. Die Inanspruchnahme von Sozialversicherungsbeiträgen für nicht genuin sozialversicherungsrechtliche Zwecke stelle somit eine Verletzung des aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes abzuleitenden Gebots der Belastungsgleichheit dar. Zur näheren Herleitung und Begründung dieses Befunds fügen wir Ihnen die gutachterliche Stellungnahme bei.

Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Bewertung sowie der angespannten Finanzlage der Krankenversicherung bitten wir Sie daher eindringlich darum, dass Sie sich im Rahmen der weiteren Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern für eine verfassungskonforme Finanzierung des Transformationsfonds einsetzen. Die Beitragszahlenden, d.h. die gesetzlich Versicherten ebenso wie die Arbeitgeber und damit auch saarländische/rheinland-pfälzische Unternehmen, sind dringend vor zusätzlichen Finanzierungslasten zu schützen. Dies gilt umso mehr, als die vorgesehenen Zusatzlasten erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken beinhalten.

Ansprechpartner für die Presse

Matthias Tietz
Telefon 0391 5554-157
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